Lautschrift
Resonanzräume zwischen Typografie und Klang
WS 2024/25
Studierende
Projektbetreuung
Studiengänge
Richtung
Typografie
Sound Art
Projekt Art

Meine Diplomarbeit basiert auf einer Ausstellung, welche die Schwierigkeiten für die an Analphabetismus leidenden Menschen auf ganz besondere Weise erlebbar macht. Statt
trockener Fakten wollte ich durch das Zusammenspiel von experimenteller Typografie und Klang echte Berührungspunkte schaffen, und die Betrachter*innen dazu bringen, die
alltäglichen Hürden des Nicht-Lesenkönnens im Ansatz nachzuempfinden.
Mir war es wichtig, die Besucher*innen emotional einzubeziehen. Dafür habe ich ein Alphabet entworfen, das die Frustration und Verwirrung spürbar macht, die viele Menschen mit Leseschwierigkeiten täglich erleben.
Die Idee dahinter war einfach, aber wirkungsvoll: Jeder Buchstabe steht für eine Emotion, die mit demselben Buchstaben beginnt, und folgt Gestaltungsregeln, die ebenfalls diesen
Anfangsbuchstaben teilen. So entstanden teils stark abstrahierte Buchstabenformen, die auf hohen Holzplatten im Raum präsentiert wurden. Um das Erlebnis zu vertiefen, habe
ich jeden Buchstaben mit einem eigenen Klang versehen. Diese akustische Ebene trägt die jeweilige Emotion auf eine universelle Weise, die über Sprachbarrieren hinausgeht.
Die Klänge schallten aus Kopfhörern, verschmolzen miteinander und erfüllten den Raum mit einer einzigartigen Geräuschkulisse. Die Besucher*innen konnten an die Buchstaben
herantreten und individuell in diese Klangwelt eintauchen.
Die Betrachter*innen mussten also innehalten und sich gezielt Zeit nehmen, um die Buchstaben zu entziffern. Durch diesen Zustand der Verwirrung oder Unsicherheit wird
greifbar gemacht, welcher Aufwand für benachteiligte Menschen damit verbunden ist, geschriebene Worte zu verstehen, wenn das Lesen nicht selbstverständlich beherrscht
wird. Gleichzeitig wollte ich aber auch zeigen, dass Schrift so viel mehr sein kann als bloße Informationsvermittlung. Gerade für Menschen, die Schrift in ihrem Alltag selten unter
designkritischen Aspekten beobachten, bietet diese Ausstellung tiefere Einblicke in die vielfältige Bedeutung und Kreativität, die in Schrift stecken kann.
Durch die multisensorischen Verbindungen entstand ein Raum der Begegnung, in dem verschiedene Sinne angesprochen werden und Emotion, Klang und Schrift auf
einzigartige Weise miteinander verschmelzen.
Text: Michèle Mannschatz
Redaktion: Anna Nau